
Zugvogelballade
Herbstzeit! Bunter Blätterregen!
Stürme durch die Gegend fegen!
Sonnenwärmedefizit!
Das Federvieh macht das nicht mit!
Deshalb planen sie entschieden
eine Reise in den Süden,
denn sie sind den Winter über
an den Stränden, Küsten lieber,
wo’s hat Palmen, Meeresbrise –
Urlaub satt, heißt die Devise.
Und wie gerne sie verduften,
auszuspannen nach dem Schuften.
Drum bucht man mit Kind und Kegel,
mausert sich und strafft die Segel.
Deck und Lauf sind kontrolliert,
das Getriebe eingeschmiert,
checken aller Landeklappen,
vor dem Abflug noch `nen Happen
Wurm, den Rest ins Marschgepäck,
zwischen Bug und Steuerheck.
Kurzer Test, ob alles flügelt,
Haus und Hof längst abgeriegelt;
Zeitschrift „Meine Vogelwelt“
wurde pünktlich abbestellt.
Um Mitternacht, in einer lauen,
fliegen sie aus Wäldern, Auen,
frei von Stau und Turbulenzen
Richtung fremde Landesgrenzen.
Ach, was freu’n sich die Familien
auf Mallorca, auf Sizilien,
Malta, Kos und Malaga,
Lanzarote, Afrika.
Plötzlich erstes Fluggekläpper
bei Familie Fliegenschnäpper.
Piepers streikte der Anlasser,
Zilpzalps Kühler pfiff nach Wasser.
Girlitz brach die Federung,
Mückens hatten zu viel Schwung,
sausten auf der Flugbahn neun
ungebremst in Kehlchens rein.
Schmätzers, die ihr Öl verloren,
flog den Schnäppers um die Ohren.
Schlecht ging’s der Familie Star,
„100“ blitzte der Radar.
Spötters Kot traf Schwirles Flügel
samt den rechten Außenspiegel.
Riesenstau auf Flugbahn acht,
bei den Schwalbens hat’s gekracht.
Und bei der Familie Ammer
nervte Juniors Rumgejammer,
weil dem Kleinen wie verrückt
stündlich seine Blase drückt.
Flügelpannen, haufenweise,
wie bei Schwanz- und Beutelmeise
und Familie Sumpfrohrsänger
brauchte für die Reise länger,
die gewaltig sich verflogen,
weil sie zu früh abgebogen.
Jener Schreck ist bald vergessen,
fröhlich hockt man in Zypressen,
Pinien und in Drachenbäumen,
fängt nun endlich an zu träumen,
Schluckt Lumumba, Sangria,
zwitschert „Tri- und Trallala“!
Schreibt, man kann es kaum erwarten,
an die Freunde Ansichtskarten:
„Klasse ist’s hier! Wunderbar!
Schönen Gruß! Bis nächstes Jahr!“
© Jürgen Feger
Bilder: Pixabay
Facebookprofil: https://www.facebook.com/jurgen.feger.1

Nahrungs-Ketten-Reaktion
Gemächlich zieht sie ihre Bahn,
kehrt hier mal ein, hält dort kurz an,
genießt vom Kopfsalat ein Blatt,
dann ist die kleine Schnecke satt
und kehrt auf ihrer Spur aus Schleim
… heim!
Dies alles sieht der Vogel Star,
der abends immer hungrig war.
Er saß auf eines Baumes Ast,
von dem er nun nach unten rast,
und plötzlich ist die kleine Schneck’
… weg!
Nach seinem Mahl setzt er sich nieder
und putzt sich sorgsam sein Gefieder,
doch da erspäht ihn Nachbars Katz’,
die springt herbei mit einem Satz,
dann ist der Star durch Katzenpfot’
… tot!
Mit sich zufrieden und der Welt,
hört Mieze nicht den Hund, der bellt,
den Kettenhund, der Brutus heißt,
der selten bellt, der lieber beißt,
dann ist die Mieze ohne Wort
… fort!
Nun hat sich Brutus hingelegt,
Frau Rüstig sieht es, tief bewegt,
ihr Miezchen ruft sie nun vergeblich,
was folgt, ist ihr selbst widerstreblich,
tut es, auch wenn's ihr nicht gefällt,
für alle Kätzchen dieser Welt.
Von ihrem Mann, der Jäger war,
war noch ein Vorderlader da,
den nimmt sie sich vom Haltebock,
samt Pulver, Blei und Ladestock,
mit kaltem Herzen, heißem Zorn,
zielt über Kimme sie und Korn,
und plötzlich ist mit Bru-hu-tus,
… Schluss!!
So ist es, wie’s im Leben geht,
weil immer einer drüber steht,
auf einer Nahrungsketten-Leiter,
so war es, und so geht es weiter:
Frau Rüstig starb, sie rutschte aus,
auf glattem Fleck vor Nachbars Haus,
dem einst der Kettenhund gehörte,
und dessen Tod den Nachbarn störte,
und den Frau Rüstigs Sterben freute,
was er dann ziemlich schnell bereute,
denn die Frau Rüstig war noch warm,
da drang ein Pfeil in seinen Darm,
geschossen von Frau Rüstigs Sohn,
der selbst bald starb, man ahnt es schon,
denn ihn traf starken Stromes Schlag,
als er in seiner Wanne lag.
Das war kein Unfall, das war Mord,
der Täter freilich war längst fort,
nachdem er einen Fön ganz fies
in Rüstigs Wanne gleiten ließ.
Auch der, der diesen Mord beging,
sprang schließlich selbst über die Kling’,
was er so nie erwartet hätte,
weit oben in der Nahrungskette,
dass ihn der Sensenmann noch spät,
am selben Tag danieder mäht,
er rutscht auf einem Schneckenhaus …
… aus!
So ist die Lebens-Kreislauf-Leiter,
da ist es unten nicht so heiter,
nur dem, der auf den Sprossen steigt,
sich öfter mal die Sonne zeigt,
der kann dann in die Ferne gucken,
und andern auf die Köpfe spucken.
Und ganz, ganz oben, an der Spitze,
sitzt Einer und macht dumme Witze,
der schaut von oben auf die Welt,
die Nase hat er hoch gestellt,
wenn er sich köstlich amüsiert,
wie sich sein Fußvolk massakriert,
in kleiner oder Weltenschlacht,
ER sitzt auf seinem Thron und …
… lacht!
©️ Klaus Dattner, 2025
Bilder: Pixabay
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